Ich sitze heute in der Mensa und denke mir:
„Irgendwie bin ich wie ein Hund.“
Ein Hund ist absolut ehrlich in seinen Emotionen und zeigt seine Gefühle immer frei und offen. Er überlegt sich nicht vorher, was andere darüber denken könnten oder ob er sich aus irgendeinem Grund verstellen sollte. Wenn er ein besonderes Leckerli oder ein Lob bekommt, dann freut er sich einfach. Meist sogar ziemlich euphorisch. Er wedelt wie wild mit dem Schwanz, springt hoch und runter und es ist für alle offensichtlich: dieser Hund freut sich gerade mächtig. Wenn er hingegen das Leckerli nicht bekommt, siehst du ihm deutlich seine Enttäuschung an. Ein Hund ist in seinen Emotionen so offen und ehrlich, wie ein Kind. Mein 8-jähriger Sohn beispielsweise fängt meist direkt und unmittelbar an zu weinen, wenn er enttäuscht ist, weil irgendwas grad nicht so gelaufen ist, wie er es sich gewünscht hat. Dies kann manchmal ziemlich nervig sein – aber ich denke mir auch: er ist halt einfach ehrlich. Er schluckt nichts still runter oder überspielt es. Nein – er zeigt es offen, wie er sich gerade fühlt. Und genauso bin ich auch. Wenn ich ein Lob bekomme, dann kann ich meine Freude nicht verbergen und wenn mich etwas traurig macht, dann kann ich die Tränen nicht zurückhalten. Wenn ich glücklich bin, krieg ich das Lächeln nicht aus meinem Gesicht vertrieben und wenn ich enttäuscht bin, merkt das jeder (außer der Eine oder Andere vom anderen Geschlecht, die für sowas irgendwie ne zusätzliche Übersetzung brauchen). Da ist es egal, wo ich bin und was die anderen darüber denken könnten. Ich kann und will meine wahren Gefühle nicht verbergen oder verdrängen. Das fühlt sich für mich richtig an – doch andererseits denke ich, macht mich das für andere auch total durchschaubar, berechenbar und damit auch beherrschbar. Es macht mich verletzlich. Andere können diese Informationen gegen mich ausnutzen oder sich über mich lustig machen. Das macht mir Angst. Es verunsichert mich manchmal so sehr, dass ich mir überlege, meine Gefühle vielleicht doch besser zu verstecken. Oder ich fühle mich eben wie ein Hund – was jedoch kein gutes Gefühl ist.
Viele Menschen scheinen ihre Überlegenheit und Herrschaft zu feiern, indem sie ihre Emotionen verstecken oder überspielen können. Du siehst ihnen nicht mehr an, wenn sie verletzt wurden, weil sie ganz gleichgültig reagieren. Du siehst ihnen nicht mehr an, wenn sie sich freuen, weil sie immer cool und gelassen rüberkommen. Du siehst ihnen nicht mehr an, wenn sie unsicher sind, weil sie schaffen, es nicht zu zeigen. Sie sind einfach immer Herr der Lage. Viele Menschen wirken nach außen hin nur noch so, wie sie auch wirken wollen und nicht mehr so, wie sie wirklich sind. Und genau das zeigt sich auch bei den vielen Auftritten in den sozialen Medien: jeder gibt sich nur noch so, wie er gesehen werden will – und nicht mehr so, wie er tatsächlich ist.
Aber: Ist das wirklich gut? Verlieren wir dadurch nicht immer mehr die Verbindung zu uns selbst? Unsere Authentizität? Unsere Menschlichkeit? Macht es uns nicht Stück für Stück zu leblosen Maschinen? Die immer perfekt funktionieren müssen – und wer das psychisch nicht verkraftet, der landet halt in der Klapse, dem „Schrottplatz“ für nicht mehr funktionstüchtige Menschen, die daran gescheitert sind, ihre Gefühle zu unterdrücken oder zu beherrschen?
Kann es wirklich sein, dass es in unserer heutigen Gesellschaft lediglich ein Zeichen von Schwäche und Naivität ist, seine wahren Gefühle offen zu zeigen? Gleicht man dann nur noch einem naiven Kind oder einem bemitleidenswerten Hund, die es halt nicht anders können?
Ist es nicht vielmehr ein Zeichen von Menschlichkeit, seine wahren Gefühle zu zeigen und ein Ausdruck von Stärke, offen dazu stehen zu können? Ich glaube, die Welt braucht mehr Menschen, die mutig genug sind, eben nicht immer mutig wirken zu müssen. Menschen, die schwach sein können und sich dies auch selbst erlauben. Die sich freuen können, selbst wenn es kitschig rüberkommt – oder die weinen, auch wenn es gerade unpassend scheint. Die lieber sich selbst treu bleiben, als anderen gefallen zu wollen. Die aus der Rolle fallen, um wieder der Mensch zu werden, der sie im Innersten sind. Menschen, die die Gefühle der anderen achten, anstatt sie zu belächeln. Und die selbst wieder anfangen zu fühlen – ganz frei und offen. Unzensiert und naiv. So wie die Kinder. Oder eben wie ein Hund.
In was für einer Welt möchtest du leben? In einer, in der jeder ohne Furcht seine Gefühle offen zeigen darf? Oder in einer Welt, in der sich dies immer weniger Menschen trauen, weil immer mehr Menschen ihre Gefühle verstecken.
Sei mutig und mache einen ersten Schritt! Stehe offen zu deinen Gefühlen und sprich sie aus. Gib deinem Innersten eine Stimme – du bist es wert! Und du bist es dir selbst schuldig.
Gott segne dich!
Kommentare zu diesem Blogeintrag
Danke für deinen Mut so authentisch zu sein, das hilft mir und auch uns im virtuellen Raum ehrlicher zu sein und alte nicht tragende Verhaltensformen aus der Vergangenheit auf den Prüfstand zu stellen - ja die Wahrheit wird euch frei machen, auch von der Angst nicht der Norm zu entsprechen, wenn wir Jesus von ganzem Herzen folgen.