Flut
Ich wurde überschwemmt.
Genaugenommen nicht ich, sondern meine Wohnung.
Aber irgendwie auch ich.
Ich habe nicht mehr alle Tassen im Schrank.
Ich bin total konfus.
Seit letzter Woche habe ich nicht mal mehr einen Schrank.
Alles musste raus.
Zuerst ich, weil sich mit der aus dem Keller hochziehenden Feuchtigkeit der Schimmel unaufhaltsam ausbreitete.
Dann die Fußleisten und Unterschränke.
Jetzt alles.
Möbel, Teppiche, Lampen, Tassen.
Morgen Rigips Wände, Bodenbeläge, Estrich.
Mein Zuhause wurde überschwemmt.
Diese Katastrophe ist elementar, geht mir an die Substanz.
Bis dato für mich unvorstellbar.
Bis dato ebenso wenig für meinen begrenzten Horizont vorstellbar war eine weitere, riesige Welle, die auf mich zukam.
Die mich nicht überrollte, sondern durchtrug.
Und durchträgt.
Die Welle Eurer Hilfsbereitschaft. Die starke Flut von Empathie und Unterstützung, die ich erlebe.
Von nah und fern.
Von klein und groß.
Von tatkräftig anpackend, materiell finanziell bis einfach einmal mitfühlend meine Seele streichelnd.
Die Flut hat mein Zuhause einfach weggespült, aber ich darf erleben, wie meine Familie, meine Freunde und meine Gemeinde mich nicht allein im Regen stehen lassen.
Und auch Menschen, die ich gar nicht kenne, tauchen wie aus dem Nichts auf und stehen mir zur Seite.
Als meine Klingel ausfiel, habt Ihr bei mir geklopft. Kräftig und ausdauernd an meine Haustür. Bis meine Ohren, die durch das Rauschen dieser Jahrhundertflut halb betäubt waren, es wahrnehmen konnten.
Als mein Keller vollgelaufen war, habt Ihr ihn in Gummistiefeln und mit Taschenlampen leergeräumt.
Als meine Küche raus musste, habt Ihr mich zum Essen eingeladen. Oder auch einfach auf einen Kaffee.
Als ich nur noch kaltes Wasser hatte, durfte ich bei Euch warm duschen.
Als meine Wohnung unbewohnbar wurde, habt Ihr mir Unterkunft gegeben.
Als ich umziehen musste, habt Ihr mir packen geholfen. Möbel und Kisten geschleppt, die für mich viel zu schwer waren.
Als mein Auto, mein E-Scooter und Rollstuhl zerstört wurden, habt Ihr mich gefahren.
Als ich mir Sorgen machte, wie ich mein Zuhause und meine Mobilität wieder herstellen kann, habt Ihr mich beraten und mich finanziell unterstützt.
Als ich nicht mehr beten konnte, habt Ihr für mich gebetet.
Als ich einsam war, habt Ihr mich in den Arm genommen.
Ich wurde überschwemmt.
Von einer Jahrhundertflut.
Und von einer bisher noch nie erlebten Welle von Hilfsbereitschaft.
Ein Zuhause ist viel mehr, als vier Wände.
Zu einem Zuhause gehören vor allem auch Menschen, die einen nicht allein im Regen stehen lassen.
Ich danke Euch von Herzen, dass Ihr diese Menschen in meinem Leben ward und seid!
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